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  • Philipp Quiel

Zwischen zunehmender Einheitlichkeit und Uneinigkeiten




Sehr geehrte Leserinnen und Leser,


das neue Jahr beginnt aus datenschutzrechtlicher Sicht genauso ereignisreich wie das vorherige Jahr aufgehört hat. Die Leseliste wird täglich länger und der Schreibtisch voller. Schuld daran sind Veröffentlichungen von Behörden, Urteile von Gerichten, neue Auflagen von Kommentaren, neue Gesetze und Gesetzesvorhaben, spannende Beiträge in Datenschutz-Fachzeitschriften und Diskussionen von #TeamDatenschutz auf Twitter. Aktuell besonders heiß diskutierte, höchst praxisrelevante Themen sind vielfältigste Aspekte des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO und Fragen zum Einsatz von Cookies und ähnlichen Technologien. Die Herausforderungen rund um Datenübermittlungen in Drittländer werden auch 2022 nicht einfach verschwinden. Zugleich sind Drittlandstransfers (zumindest derzeit) wirtschaftlich häufig unabdingbar.


Über die nächsten Jahre wird sich sicherlich verstärkt „die eine“ europäische Behördenansicht zu verschiedensten Rechtsfragen herauskristallisieren. Das folgt auf unionaler Ebene einfach aus den mit der Zeit zu allen möglichen Themenpunkten veröffentlichten Leitlinien und dem Effekt des in der DSGVO angelegten Kohärenzverfahrens. Bei der Erstellung von Interpretationshilfen zur DSGVO ist es für behördliche Vertreter der unterschiedlichen Mitgliedstaaten unabdingbar, sich auf gemeinsame Positionen zu einigen. In Deutschland müssen zusätzlich noch einmal zahlreiche Behörden in der DSK besonders im Bereich „Cookies und ähnliche Technologien“ gemeinsame Positionen erarbeiten. Im Anwendungsbereich der DSGVO wird über die Jahre durch vermehrte Einigungen auf Interpretationen auch die Anzahl der heute noch unter den verschiedenen Aufsichtsbehörden umstrittenen Fragen eher abnehmen als zunehmen. Bereits erwähnte Kohärenzverfahren gemäß Art. 63 ff. DSGVO tragen ebenfalls dazu bei.


Man neigt als Anwalt oder Berater in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten sicherlich manchmal dazu, Behördenansichten zu kritisieren. Ganz besonders, wenn diese in der Praxis angewendet zu „komischen“ Ergebnissen führen. Manchmal sind es auch nicht die Behörden, die für unpraktische Ergebnisse verantwortlich sind, sondern es ist der Verordnungstext selbst. Ungeachtet dessen liegt es in der Natur der Sache, dass von Behörden veröffentlichte Rechtsansichten von verschiedensten Akteuren nicht nur gelobt, sondern eben auch kritisiert werden. Es ist aber auch angebracht, gute Arbeit zu würdigen. Die Orientierungshilfe der Aufsichtsbehörden für Anbieter:innen von Telemedien ist aus meiner Sicht lobenswert. Beim Lesen sind mir die Ausführungen als besonders juristisch sauber geschrieben und gut begründet aufgefallen. Das gilt ausdrücklich vollkommen unabhängig davon, ob ich inhaltlich den Ausführungen der Behörden zustimme oder nicht.


Mit Blick auf den Europäischen Datenschutzausschuss finde ich es gerade in weltpolitisch fragilen Zeiten einer besonderen Würdigung wert, dass es dieses Gremium und den Kohärenzmechanismus überhaupt gibt. Schließlich sind in vielen Teilen der Erde nicht einfach 27 Länder in einer Union organisiert, deren behördliche Vertreter gemeinsame Auslegungshilfen zu einem in allen Ländern anwendbaren Gesetz erstellen und gemeinsam bindende Entscheidungen fällen. Diese gemeinsame europäische Lösung ist alles andere als selbstverständlich und Ausdruck des europäischen Gedankens, der Unterschiede in den Hintergrund und das Verbindende in der Vordergrund stellt. Beim Lesen der Ausgabe wünsche ich Ihnen anregende Gedanken und viel Spaß.


Ihr

Philipp Quiel



Dieser Beitrag erschien als Editorial in der Ausgabe 02/2022 des Datenschutz-Berater.

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